Das schreibt die Presse

2. August 2001
Komödie ist Timing
Schauspieler Christian Tramitz über den Erfolg des Films „Der Schuh des Manitu“
 
Interview: Claudia Fischer 

Der Film „Der Schuh des Manitu“ hat sofort Platz eins der Kinohitparade erobert und bis jetzt gehalten. In den Medien wird die Westernklamotte, die unter Regie von Michael „Bully“ Herbig entstanden ist und deren Hauptfiguren dem TV-Publikum aus der Comedyshow „Bullyparade“ bekannt sind, bereits als möglicherweise erfolgreichster deutscher Film aller Zeiten gehandelt. Ein Gespräch mit Christian Tramitz, 45, einem der beiden Hauptdarsteller (Ranger), über Erfolg, Humor und den Traum jeden Mannes, einmal im Leben Cowboy zu sein.

SZ: Der Film boomt – wie erklären Sie sich diesen Erfolg? 

Tramitz: Wir scheinen da einen Nerv getroffen zu haben, den wir uns selber nicht ganz erklären können. Wir wollten einen Film machen, der uns selbst Spaß macht, und haben das Drehbuch zehn, elf, zwölf Mal umgeschrieben. Irgendwie scheint das funktioniert zu haben. Natürlich haben wir einen kleinen Vorsprung durch die „Bullyparade“ im Fernsehen, was allerdings auch hinderlich sein kann. Will man Fernsehformate fürs Kino tauglich machen, kann der Schuss nach hinten losgehen, sie funktionieren auf der Leinwand dann nicht mehr. Wir wollten von Anfang an einen richtigen Kinofilm machen. 

SZ: Aber es kommen im Film die Fernsehfiguren in abgeschwächter Form vor.

Tramitz: Ja, der Winnetou in der Bullyparade spricht ein starkes Bayerisch, da musste man abschwächen. Auch Abahachi und Ranger (die beiden Hauptfiguren des Films, Anm. der Red.) haben wir modifiziert und charakterlich klar getrennt. Ranger ist jetzt eher der Phlegmatiker, Abahachi der Agilere. 

SZ: Bauten Sie auf den Wiedererkennungseffekt, der sich durch das Übernehmen der „Bullyparade“-Figuren ergibt ? 

Tramitz: Man hat mit bekannten Figuren eine gewisse Sicherheit, denn man hat sie vor Publikum schon ausprobiert und gemerkt: Sie funktionieren. Natürlich haben wir auch Figuren neu erfunden, zum Beispiel den Bösewicht, im Film der Santa Maria. Den hatten wir allerdings schon ganz klar vor Augen, bevor wir ihn mit Sky Dumont besetzten: der Schöne, der böse, der gleichzeitig aber auf eine fiese Art charmant ist. Es ist aber sicherer, Figuren zu nehmen, die sich schon bewährt haben. Abahachi und Ranger - wenn die in der Bullyparade auftraten, freuten sich die Leute. Also nimmt man sie halt - wäre ja blöd, das nicht zu tun. 

SZ: Die Deutschen und der Humor – laut Klischee eine eher problematische Verbindung. Zeichnet sich seit dem Aufkommen der TV- Comedyshows eine Trendwende in deutschen Komödien ab, hin zum amerikanischen Slapstick? 

Tramitz: Ich glaube schon. Sendungen wie „ Comedyfactory“ haben etwas ausgelöst. Da wurde zum ersten Mal versucht, Witze zu produzieren, die mehr in die Monty-Python-Richtung gehen. Man kann die Leute in gewisser Weise auch erziehen. Die Zuschauer der „Bullyparade“ hätte man anfangs noch an einer Hand abzählen können. Wir haben immer versucht, unsere Art von Humor durchzuziehen und genau das zu machen, was wir lustig finden. 

SZ: Aber auch das ist nicht unvorbelastet entstanden. 

Tramitz: Wir sind natürlich Einflüssen ausgesetzt, denen von Monty Python eben, aber auch von deutschen und österreichischen Kabarettisten wie Gerhard Polt, Josef Hader oder Alfred Dorfer. Auch die Zucker-Brüder (David und Jerry Zucker), die uns in den Kritiken oft zugeordnet werden, sind da sicher mit dabei. Klar hat sich das jeder von uns hundertmal angeschaut! Viel hängt aber auch am Spiel. Es gibt verschiedene Comedyelemente, und wenn die gut gespielt werden, funktionieren sie auch. Durch unsere fünfjährige Zusammenarbeit wissen wir einfach schon vorher, was der andere sagen wird. Komödie ist eine Timing-Sache. Außerdem spielt Improvisation eine große Rolle. 

SZ: Sie schreiben mit Rick Kavanian und Bully die Gags. Ist es anstrengend, Witze produzieren zu müssen? 

Tramitz: Wir können zum Beispiel nicht alleine schreiben, im stillen Kämmerchen. Wenn man jemanden gegenüber sitzen hat, der das gleich auch mitspielen kann, geht es besser. Wir versuchten, es zu limitieren und setzten uns feste Zeiten, in denen wir so und so viele Sketche schaffen wollten. Auch das hat nicht funktioniert. Es gibt Tage, da fällt einem einfach nichts ein und man kommt nicht auf einen gemeinsamen Nenner. Meistens geht auch nach sechs oder sieben Stunden nichts mehr, dann ist der Kopf leer. Dann muss man am nächsten Tag weitermachen und versuchen, ein neues Thema zu finden. Trotzdem haben wir einen geregelten, fast spießig zu nennenden Arbeitstag: Wir treffen uns um zehn im Büro, trinken Kaffee, und dann geht’s los. Dann heißt es: Du hast eine Idee oder du, also schreibst du mit Bully, ich mit Rick und so weiter. 

SZ: Was macht einen guten Witz aus? 

Tramitz: Es gibt beim Sketcheschreiben zwei gefährliche Situationen. Die erste: Man findet alles schlecht; die zweite: Man findet alles toll. Es gab Abende, da haben wir uns über einen Sketch wirklich gekugelt vor Lachen, am nächsten Morgen fanden wir ihn totalen Mist. Deswegen ist es auch ganz wichtig, dass man sowas erst mal liegen lässt und sich eine Woche später nochmals vornimmt – man kann sonst böse Überraschungen erleben. Dann erkennt man, dass man sich bloß in etwas hineingesteigert hat, was vielleicht für Insider witzig ist, sonst aber kein Mensch versteht. Witze entwickeln da eine eigene Gesetzmäßigkeit. Wir sehen das in der Bullyparade: Sketche, bei denen wir jubelten, erzeugen oft beim Publikum nur ratlose Gesichter. 

SZ: Funktioniert der bayerische Humor des Films auch außerhalb Bayerns? 

Tramitz: Ja. In Dresden sind die Leute bei der Premiere des Films komplett ausgerastet, viel mehr als in München. Vielleicht, weil Karl May aus der Gegend ist. Oftmals wirkt Dialekt viel authentischer als eine deutsche Synchronfassung. Die Amerikaner sind beim Verwenden von Dialekten hemmungsloser. Man erzeugt mit Dialekt eine viel größere Originalität, man kann Dinge wesentlich stimmiger, genauer und auch feinfühliger ausdrücken als im Hochdeutschen. 

SZ: Woher kam die Idee, einen Western zu machen? 

Tramitz: Dieser Traum steckt, glaube ich, in jedem drin. Ich habe das bei allen Schauspielern festgestellt: Sobald die ihre Klamotten anhatten und die Pistolen umgeschnallt, ging’s los. Jeder hat seinen Cowboy- Blick aufgesetzt und mit der Knarre herumhantiert – ich glaube, die Leute haben mehr mit den Pistolen geübt als ihre Texte gelernt. Wenn du um dich herum nur Indianer siehst, benimmst du dich automatisch auch wie einer. 

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