vom 24./25. Mai 1997
‚Leben ist Realsatire‘
Pro Sieben schickt den Münchner Radio-Star Bully ins Comedy Rennen
VON UTE MAUCHER

Drei Jahre hatte Bully (Michael Herbig) nur eine Stimme, ernölte sich mit der Media-Markt- Werbung (,Bully-Bummwullmütze‘) und bei ‚Langemann & die Morgencrew‘ einen Status bei Jugendlichen. Am Samstag (19.45) geht der 28jährige mit der ‚bullyparade‘ bei Pro Sieben auf Sendung - Hoffnungsträger für den TV-Trend Comedy.
 

AZ: Die Dreharbeiten zur ‚bullyparade‘ mußten wegen Deines Leistenbruchs unterbrochen werden. Ist wieder alles in Ordnung?
MICHAEL HERBIG: Ja. Fußballspieler sind nach drei Tagen wieder fit, ich war zwei Wochen im Krankenhaus. Aber die haben das gut hingekriegt. Mir wurde ein Netz eingenäht, sieht jetzt wahrscheinlich aus wie ein Rollbraten.
AZ: Und jetzt bist Du im Streß.
MICHAEL HERBIG: Schon, es macht aber auch viel Spaß. Zwischendurch laufe ich einfach davon, dann suchen mich alle. Aber ich komme immer wieder zurück.
AZ: Womit ist in der ‚bullyparade‘ zu rechnen?
MICHAEL HERBIG: Meine Band ist dabei, damit die Jungs nicht auf der Straße rumlungern, außerdem Rick Kavanian und Christian Tramitz. Wir spielen eigenwillige Interpretationen von Hits und Schlagern, es gibt Außenschaltungen und Umfragen.
AZ: Lädst Du Dir auch Gäste ein?
MICHAEL HERBIG: Ja, einen italienischen Erotik- Star. Aber die meisten Gäste spielen wir selbst. Das gesparte Geld geht auf mein Privatkonto.
AZ: Wie lange dauert die Show?
MICHAEL HERBIG: 22 Minuten und keine länger.
AZ: Mit Werbung 45 Minuten?
MICHAEL HERBIG: Nein, höchstens 30. Ich habe vorgeschlagen, dass wir zehn Werbepausen machen mit je einem Spot. So hätten wir Sketche gespart, aber Pro Sieben wollte das nicht.
AZ: Ist die ‚bullyparade‘ eine Attacke gegen ‚RTL-Samstag-Nacht‘?
MICHAEL HERBIG: Nein, wirklich nicht. Die senden ja viel später, da schlafe ich immer schon.
AZ: Hast Du Angst, daß Dir die Ideen ausgehen könnten?
MICHAEL HERBIG: Nein. Das Leben ist Realsatire. Wenn mir nichts einfällt, setze ich mich einfach in den Bus ,oder die U-Bahn.
AZ: Was sind die Modetrends für den Sommer? Die Bummwullmützen sind derzeit ja etwas warm.
MICHAEL HERBIG: Es wird ein Bully-Late-Night- T-Shirt geben. Das ist nicht besonders originell, aber die Leute tragen ja gerne T-Shirts. Außerdem werfe ich eine Original Bully-Bademütze auf den Markt. Die praktische kleine Reisetapete habe ich beim letzten Konzert verschenkt, aber vielleicht gibt's nochmal eine.
 
Moment mal
Jeden Morgen geht live im Radio das Abendland unter. Dann toben spätpubertierende Moderatoren durch das Studio von Radio Energy, reden wirres Zeug und das so, als ob sie einen Schnuller im Mund hätten. Angeblich macht das ‚Langemann und die Morgencrew‘ zur erfolgreichsten Sendung der Stadt. Auch Langemann-Zögling Bully beherrscht das Gaga-Deutsch perfekt. Jugendliche, die sich in Dreijährigensprache unterhalten, sind also nicht auf Drogen, sondern einfach ‚in‘. Selbst bei praller Sonne sieht man sie niemals ohne Bullys Bummwullmützen‘. Auch von vielen Anrufbeantwortern dröhnt bereits das Kleinkind Deutsch. Und seien Sie ehrlich: Auch uns hat die Gaga-Kultur erfaßt. Haben Sie sich nicht auch schon - entsetzt natürlich - dabei ertappt, wie sie ‚Katzeklo‘ (‚Ja das macht die Katze froh‘) vom Vater des Dada-Deutschs, Helge Schneider, nuschelnd vor sich hingesungen haben? Aber noch ist das Abendland nicht verloren. Erst dann, wenn Herr Langemann in der Tagesschau die Nachrichten liest. Dann aber richtig.
loh

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